EUDR - Lesezeit: 8 Min
Die EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) markiert einen Paradigmenwechsel in der Nachhaltigkeitsregulierung: Nicht mehr nur Rohstoffimporteure, sondern die gesamte Lieferkette rückt in den Fokus. Die EUDR-Pflichten betreffen zunehmend auch nachgelagerte Marktteilnehmer und Händler – mit weitreichenden Folgen, besonders für den Mittelstand. Doch wer ist tatsächlich betroffen? Welche Dokumentations- und Risikoanalysepflichten gelten? Und wie lässt sich die eigene Rolle im Sinne der EUDR rechtssicher bestimmen? Dieser Beitrag bringt Klarheit in die komplexen Vorgaben der EUDR für Händler und Marktteilnehmer. Wir zeigen, wie sich Verantwortlichkeiten entlang der Lieferkette verteilen, welche Pflichten bestehen und wie Unternehmen ihre Abläufe effizient und compliant gestalten können – inklusive Beispielen, Empfehlungen und konkreten Umsetzungstipps.
Marktteilnehmer bringen relevante Produkte erstmals auf den EU-Markt oder exportieren sie. Händler handeln mit bereits eingeführten Produkten innerhalb der EU. Die Einordnung bestimmt den Umfang der Pflichten.
Sie müssen für jede Charge eine Risikoanalyse durchführen und eine Sorgfaltserklärung mit Herkunftsnachweis, Geodaten, Legalitäts- und Entwaldungsnachweis abgeben.
Händler müssen keine eigene Risikoanalyse erstellen, aber sie sind verpflichtet, Nachweise ihrer Lieferanten aufzubewahren, weiterzugeben und die Rückverfolgbarkeit sicherzustellen.
Nur wenn sie vollständig, plausibel und auf die konkrete Charge bezogen ist. Bei Unklarheiten, Hochrisikoregionen oder widersprüchlichen Angaben ist eine eigene Prüfung erforderlich.
Immer dann, wenn die Charge vermischt, verarbeitet oder verändert wird – oder wenn keine lückenlose Rückverfolgbarkeit gewährleistet ist. In solchen Fällen entsteht erneut eine Meldepflicht.
Die EUDR verpflichtet Unternehmen, sicherzustellen, dass bestimmte Rohstoffe und daraus hergestellte Produkte entwaldungsfrei, legal erzeugt und rückverfolgbar sind. Entscheidend ist die Unterscheidung zwischen Marktteilnehmern und Händlern. Marktteilnehmer – also Unternehmen, die relevante Waren erstmals in der EU in Verkehr bringen oder exportieren – müssen für jede Charge eine Risikoanalyse durchführen und eine Sorgfaltserklärung abgeben. Händler hingegen, die mit bereits eingeführten Produkten handeln, unterliegen keiner Risikoanalysepflicht, sind aber zur Aufbewahrung und Weitergabe von Nachweisen sowie zur Rückverfolgbarkeit verpflichtet.
Die einmalige Sorgfaltserklärung eines Marktteilnehmers kann nachgelagerten Akteuren unter bestimmten Voraussetzungen Pflichten abnehmen, sofern die Charge unverändert bleibt. Bei Vermischung, Verarbeitung oder Re-Export können jedoch neue Pflichten entstehen. Eine Lieferantenerklärung ist nur ausreichend, wenn sie vollständig, plausibel und auf die konkrete Charge bezogen ist. Ergänzende Prüfungen sind erforderlich bei Unstimmigkeiten, Hochrisikoregionen oder unklaren Lieferketten. Auch Händler sind zur Mitwirkung verpflichtet, etwa durch Stichproben oder Rückfragen bei Verdachtsmomenten. Zentral für die Umsetzung ist die korrekte Rollenzuordnung, die strukturierte Prüfung der Lieferketteninformationen und ein funktionierendes System zur Dokumentation, Nachverfolgung und Risikobewertung.
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Im Zentrum der EUDR steht die Unterscheidung zwischen Marktteilnehmern und Händlern. Als Marktteilnehmer gilt jede natürliche oder juristische Person, die relevante Rohstoffe (z. B. Soja, Palmöl, Holz, Rindfleisch, Kakao, Kaffee, Kautschuk) oder daraus hergestellte Produkte erstmals auf dem EU-Binnenmarkt in Verkehr bringt oder aus der EU exportiert. Entscheidend ist somit die Rolle des Erstinverkehrbringers – unabhängig davon, ob es sich um einen Importeur aus einem Drittstaat oder einen Hersteller mit Sitz in der EU handelt.
Marktteilnehmer tragen die umfassendsten Pflichten unter der EUDR. Dazu zählen insbesondere die folgenden gesetzlichen Anforderungen:
Diese Pflichten greifen unabhängig vom Unternehmenssitz, sofern das Inverkehrbringen auf den EU-Markt erfolgt. Für international agierende Unternehmen ist eine präzise Zuordnung zur Marktteilnehmerrolle daher essenziell – insbesondere im Hinblick auf Konzernstrukturen, Lieferantenverträge und Handelswege. Auch sogenannte „Private Label“-Konstellationen oder Vertragsfertiger sollten hier genau prüfen, ob sie faktisch als Marktteilnehmer agieren.
Händler im Sinne der EUDR sind natürliche oder juristische Personen, die relevante Produkte innerhalb der EU nach dem Erstinverkehrbringen erwerben, verkaufen, besitzen, lagern oder weitergeben – jedoch nicht selbst in Verkehr bringen. Händler bewegen sich also downstream in der Lieferkette und haben keinen direkten Einfluss auf den ersten Marktzugang.
Beispiele für Händler im Sinne der EUDR sind:
Im Vergleich zu Marktteilnehmern sind Händler deutlich geringer in die Sorgfaltspflichten eingebunden. Sie müssen keine eigene Risikoanalyse durchführen und keine Sorgfaltserklärung abgeben. Allerdings bestehen Aufbewahrungspflichten für relevante Informationen, etwa über Lieferanten, Produktkategorien und Rückverfolgbarkeit. Diese Informationen müssen auf Verlangen der zuständigen Behörden offengelegt werden können.
Die Unterscheidung ist daher praxisrelevant: Während Marktteilnehmer aktiv prüfen und dokumentieren müssen, liegt die Pflicht von Händlern eher in der Informationsweitergabe und Transparenzwahrung. Für viele Unternehmen kann eine sorgfältige Prüfung, ob sie wirklich Marktteilnehmer sind oder lediglich als Händler agieren, erhebliche Compliance-Erleichterungen mit sich bringen.
Die EUDR unterscheidet bei den Sorgfaltspflichten somit klar zwischen Marktteilnehmern und Händlern. Marktteilnehmer tragen die umfassendste Verantwortung: Sie müssen für jede einzelne Produktcharge eine Sorgfaltserklärung bei der zuständigen Behörde einreichen, in der sie nachweisen, dass die Produkte entwaldungsfrei, legal erzeugt und bis zur Anbau- oder Herkunftsfläche rückverfolgbar sind. Dazu ist eine detaillierte Risikoanalyse auf Chargenebene erforderlich, deren Ergebnisse dokumentiert und offengelegt werden müssen. Händler hingegen haben weniger weitreichende Pflichten. Sie müssen keine eigenen Risikoanalysen oder Sorgfaltserklärungen abgeben, sondern vor allem Informationen innerhalb der Lieferkette weiterleiten. Dazu gehört insbesondere die Aufbewahrung von Sorgfaltserklärungen und Nachweisen der Lieferanten, deren Vorlage gegenüber Behörden sowie deren Weitergabe an Abnehmer. Außerdem müssen Händler dokumentieren, von wem sie die Ware bezogen und an wen sie sie weitergegeben haben, um die Rückverfolgbarkeit sicherzustellen. Insgesamt liegt die aktive Prüfpflicht bei den Marktteilnehmern, während Händler vor allem eine vermittelnde Informationspflicht erfüllen müssen. Deshalb ist es für Unternehmen essenziell, ihre Rolle in der Lieferkette genau zu kennen, um ihren Pflichten korrekt und rechtskonform nachzukommen.
Um die zum Teil abstrakten Begrifflichkeiten der EU Deforestation Regulation besser greifbar zu machen, lohnt sich ein Blick auf typische Konstellationen aus dem Unternehmensalltag. Denn erst durch konkrete Beispiele wird deutlich, wie sich die Rollen von Marktteilnehmern und Händlern in der Praxis voneinander unterscheiden – und welche Sorgfaltspflichten jeweils daraus folgen.
Ein klassischer Fall: Ein deutsches Unternehmen importiert direkt Sojabohnen aus Brasilien, verarbeitet sie zu Futtermitteln und verkauft diese innerhalb der EU weiter. In diesem Fall ist das importierende Unternehmen klar als Marktteilnehmer im Sinne der EUDR zu klassifizieren. Es bringt die Ware erstmals auf den europäischen Binnenmarkt und ist damit verpflichtet, für jede Soja-Charge eine Risikoanalyse durchzuführen und eine Sorgfaltspflichterklärung abzugeben, die die Entwaldungsfreiheit, Legalität und Rückverfolgbarkeit der Ware belegt.
Im nächsten Schritt der Lieferkette steht ein Futtermittelgroßhändler, der die vom Importeur hergestellten Futtermittel erwirbt und an landwirtschaftliche Betriebe weiterverkauft. Dieser Großhändler gilt nicht mehr als Marktteilnehmer, sondern als Händler, da die Ware bereits durch den Importeur in Verkehr gebracht wurde. Er muss selbst keine neue Sorgfaltserklärung abgeben, ist aber verpflichtet, die entsprechenden Erklärungen und Nachweise seines Lieferanten aufzubewahren, bei Bedarf an Behörden zu übermitteln und an seine Kunden weiterzugeben. Außerdem muss er nachvollziehbar dokumentieren können, von wem die Ware stammt und an wen sie geliefert wurde.
Ein weiteres Beispiel zeigt die Rolle von Verarbeitern innerhalb der EU: Ein Möbelhersteller bezieht tropisches Holz von einem europäischen Holzhändler, der das Material zuvor aus einem Drittland importiert hat. Auch hier wurde die Ware bereits in Verkehr gebracht – durch den ursprünglichen Importeur. Der Möbelhersteller tritt somit nicht als Marktteilnehmer, sondern als Händler auf. Seine Pflicht beschränkt sich darauf, die Sorgfaltserklärung und sonstigen Nachweise seines Vorlieferanten aufzubewahren und auf Anfrage verfügbar zu machen. Eine eigene Risikoanalyse oder neue Sorgfaltserklärung ist in diesem Fall nicht erforderlich.
Diese Beispiele verdeutlichen, wie wichtig eine sorgfältige Einordnung der eigenen Rolle innerhalb der Lieferkette ist. Nur wer genau weiß, ob er im konkreten Fall als Marktteilnehmer oder Händler agiert, kann seine Pflichten der betroffenen Rohstoffe unter der EUDR korrekt erfüllen und Haftungsrisiken vermeiden. Gerade für Unternehmen mit komplexen oder wechselnden Geschäftsmodellen empfiehlt sich eine frühzeitige, rechtlich fundierte Prüfung der EUDR-Rollenverteilung.
Im Kontext der EUDR taucht oft die Frage auf, was unter „nachfolgenden Marktteilnehmern“ zu verstehen ist. Laut Definition sind damit Unternehmen gemeint, die bereits in Verkehr gebrachte relevante Rohstoffe oder Produkte von einem anderen Marktteilnehmer erwerben und diese wiederum entweder weiterverarbeiten, verpacken oder erneut auf den Markt bringen. In der Praxis sind diese nachgelagerten Akteure häufig Teil komplexer Wertschöpfungsketten, beispielsweise industrielle Weiterverarbeiter, Verpacker oder Re-Exporteure innerhalb der EU.
Ein zentraler Punkt zur Entlastung von Unternehmen ist der Grundsatz, dass für dieselbe Charge eines Produkts nicht mehrfach eine Sorgfaltserklärung abgegeben werden muss. Das bedeutet: Wenn ein Marktteilnehmer eine Ware in der Vergangenheit bereits mit einer vollständigen Sorgfaltserklärung versehen und in den EU-Markt eingeführt hat, müssen nachfolgende Marktteilnehmer für diese Charge keine erneute Erklärung abgeben. Dieses Prinzip wird oft als „einmalige Sorgfältigkeit“ bezeichnet und soll verhindern, dass für ein und dieselbe Ware mehrfach aufwändige Risikoanalysen und Meldungen vorgenommen werden müssen. Damit erhöht sich die Effizienz und Umsetzbarkeit der EUDR deutlich – gerade für lange oder arbeitsteilige Lieferketten. Bestätigt wurde dieses Vorgehen auch durch Hinweise und Auslegungen der Europäischen Kommission. Unternehmen, die Produkte weiterverarbeiten, handeln oder weiterveräußern, können sich unter bestimmten Bedingungen auf die bereits erfolgte Sorgfaltserklärung eines vorgelagerten Marktteilnehmers stützen.
Allerdings gilt dieser Grundsatz nicht uneingeschränkt. Wichtig ist, dass die betreffende Charge als klare, unveränderte Einheit bestehen bleibt. Sobald die Ware nachträglich vermischt, umgearbeitet oder in einem Maße weiterverarbeitet wird, dass eine neue Produkteigenschaft oder ein neues Erzeugnis entsteht, kann eine neue Sorgfaltspflicht entstehen. Auch wenn einzelne Chargen zusammengeführt werden, ohne dass ihre Rückverfolgbarkeit gewährleistet bleibt, entfällt die Entlastungswirkung der ursprünglichen Erklärung. Das bedeutet für die Praxis: Unternehmen müssen genau prüfen, ob die von ihnen bearbeiteten oder weitergegebenen Waren noch als dieselbe „Charge“ im Sinne der EUDR gelten – oder ob durch Weiterverarbeitung oder Mischung eine neue Produkteinheit entsteht. Nur wenn die Identität und Rückverfolgbarkeit der ursprünglichen Ware erhalten bleibt, greift die Erleichterung durch die einmalige Meldepflicht.
Auch wenn der Grundsatz der einmaligen Sorgfaltserklärung gilt, gibt es bestimmte Fälle, in denen eine neue oder ergänzende Meldung erforderlich sein kann. Das betrifft vor allem Situationen, in denen ein nachfolgender Marktteilnehmer eine bereits gemeldete Ware vermischt, neu zusammensetzt oder weiterverarbeitet, sodass daraus ein neues relevantes Produkt entsteht. In solchen Fällen kann die ursprüngliche Sorgfaltserklärung nicht mehr ausreichen, da sich die Zusammensetzung oder Rückverfolgbarkeit der Ware verändert hat. Ein weiterer Sonderfall sind Re-Exporte in Drittstaaten: Verlässt eine Ware erneut den EU-Binnenmarkt, kann dies unter Umständen eine neue Sorgfaltserklärung erforderlich machen – je nachdem, wie die Ware zuvor verarbeitet oder umverpackt wurde.
Besonders komplex sind Konstellationen mit Mischwaren, also Produkten, die aus verschiedenen Rohstoffen oder Bestandteilen mit unterschiedlichem Herkunftshintergrund bestehen. Das betrifft zum Beispiel vorkonfektionierte Lebensmittel, verarbeitete Holzprodukte oder chemische Erzeugnisse. In solchen Fällen verlangt die EUDR in der Regel, dass jeder einzelne Ursprungsbestandteil klar rückverfolgbar bleibt. Gerade für Branchen wie die Lebensmittel- oder Chemieindustrie stellt das eine erhebliche Herausforderung dar – sowohl technisch als auch organisatorisch. Auch Sammelstellen, Umschlagplätze oder Zentrallager sollten genau prüfen, ob sie möglicherweise als erste Inverkehrbringer auftreten. Wenn dort verschiedene Waren neu zusammengeführt oder aufgeteilt werden, kann eine eigene Meldepflicht entstehen – vor allem dann, wenn die Charge ihre ursprüngliche Form verliert oder die erhobenen Daten nicht mehr eindeutig rückverfolgbar sind.
Diese Sonderfälle zeigen: Trotz des Entlastungsprinzips durch die einmalige Sorgfaltspflicht sind Unternehmen gut beraten, ihre Prozesse genau zu prüfen. Sobald es zu Änderungen an der Ware kommt – sei es durch Mischung, Verarbeitung oder Umlagerung –, kann eine neue Pflicht zur Abgabe einer Sorgfaltserklärung entstehen.
Die EUDR verpflichtet jeden Marktteilnehmer, der relevante Produkte erstmals auf dem europäischen Markt in Verkehr bringt, zur Durchführung einer umfassenden Risikoanalyse. Diese Analyse bildet das Kernstück der EUDR. Ziel ist es, systematisch und nachvollziehbar festzustellen, ob entlang der gesamten Lieferkette der Ausschluss von Entwaldung, Walddegradation, Waldschädigung und Rechtsverstößen gewährleistet ist. Die Risikoanalyse muss alle zur Verfügung stehenden Informationen berücksichtigen: Herkunftsnachweise, Geodaten der Ursprungsflächen, Nachweise der Rückverfolgbarkeit, Umweltgenehmigungen, Legalitätsdokumente und gegebenenfalls auch unabhängige Zertifikate zählen hierzu. In der Praxis bedeutet dies häufig einen erheblichen Dokumentationsaufwand. Unternehmen sind angehalten, Methoden wie Satellitenüberwachung, Audits im Ursprungsland oder digitalisierte Chain-of-Custody-Systeme einzusetzen.
Nicht alle Akteure entlang der Lieferkette müssen eigenständig eine vollständige Risikoanalyse durchführen. Wenn der unmittelbare Vorlieferant eine rechtsverbindliche Sorgfaltserklärung nach EUDR liefert und diese hinreichend plausibel ist, kann das eigene Unternehmen meist auf eine erneute vollständige Risikoanalyse verzichten. In diesem Fall genügt es häufig, die vorgelegte Erklärung zu validieren, ihre Stichhaltigkeit zu überprüfen und die Dokumente nachvollziehbar aufzubewahren. Die EUDR sieht ausdrücklich vor, dass nachgelagerte Händler und Marktteilnehmer von den Detailpflichten der Risikoanalyse weitgehend entbunden werden, sofern sie auf eine vertrauenswürdige Sorgfaltserklärung ihres Vorlieferanten zurückgreifen können. Gleichwohl empfiehlt es sich angesichts potenzieller Haftungsrisiken, die Qualität und Plausibilität der gelieferten Informationen kritisch zu prüfen, statt diese bloß „abzuheften“. Nur so lässt sich das Risiko von Bußgeldern und Sanktionen umgehen.
Es gibt jedoch Konstellationen, in denen selbst bei Vorliegen einer Sorgfaltserklärung des Vorlieferanten eine ergänzende Risikoanalyse geboten sein kann. Dies gilt insbesondere, wenn Hinweise auf Unstimmigkeiten, Widersprüche oder intransparente Lieferketten vorliegen. Auch wenn Produkte aus Ländern oder Regionen mit erhöhtem Entwaldungs- oder Illegalitätsrisiko stammen – etwa bestimmte Regionen in Südostasien, Westafrika oder Amazonien – ist es ratsam, weitere Prüfungen durchzuführen.
Ein weiterer Praxisfall: Sollte sich bei stichprobenartigen Überprüfungen, amtlichen Rückfragen oder Medienrecherchen ein konkreter Verdacht auf Verstöße gegen die Sorgfaltspflichten ergeben, kann das Unternehmen verpflichtet sein, über die übliche Lieferantenprüfung hinauszugehen. Insbesondere bei komplexen oder verschachtelten Lieferstrukturen gilt daher der Grundsatz: Vertrauen ist gut, eigene Prüfung ist besser.
Ein Zulieferer aus Indonesien liefert Palmöl an einen europäischen Abfüller und übermittelt eine Sorgfaltserklärung. Allerdings enthalten die beigefügten Unterlagen widersprüchliche Geokoordinaten und unabhängige Berichte warnen vor zunehmender illegaler Abholzung in der Region. In einem solchen Fall genügt es nicht, sich allein auf die Erklärung des Zulieferers zu verlassen. Vielmehr ist eine vertiefte Risikoanalyse erforderlich, die idealerweise durch zusätzliche Nachweise oder ein externes Audit ergänzt ist.
Anders sieht es aus, wenn ein deutscher Papierhersteller Zellstoff von einem zertifizierten Lieferanten aus Finnland bezieht. Die Dokumente sind vollständig und plausibel und Finnland gilt als Land mit geringem Entwaldungsrisiko. In solchen Fällen ist in der Regel keine weitergehende Prüfung nötig – vorausgesetzt, es liegen keine gegenteiligen Informationen vor. Diese Beispiele verdeutlichen, dass Unternehmen im Einzelfall genau abwägen müssen, ob sie sich auf die vorliegenden Unterlagen verlassen können oder ob eine eigene, weitergehende Prüfung erforderlich ist.
Eine ordnungsgemäße Sorgfaltserklärung des Lieferanten kann für Unternehmen ausreichen, um ihre eigenen EUDR-Pflichten zu erfüllen. Das gilt allerdings nur, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Die übermittelten Informationen müssen vollständig, nachvollziehbar und auf die konkrete Charge bezogen sein. Außerdem müssen alle wesentlichen Angaben klar und plausibel sein – insbesondere in Bezug auf den Ursprung der Ware, mögliche Zwischenstationen und die Art der Verarbeitung.
Die EUDR schreibt genau vor, welche Mindestinhalte eine Sorgfaltserklärung enthalten muss. Dazu gehören unter anderem:
Wenn all diese Anforderungen erfüllt sind und die Angaben durch geeignete Dokumente belegt werden, kann ein nachgelagerter Marktteilnehmer auf die Erklärung seines Lieferanten vertrauen. In diesem Fall besteht keine Pflicht zur eigenen Risikoanalyse, was den Aufwand erheblich reduziert. Allerdings bleibt es wichtig, die Qualität der Lieferantenerklärung kritisch zu prüfen. Wenn zum Beispiel Angaben fehlen, unklar sind oder Zweifel an der Herkunft bestehen, reicht die Erklärung allein nicht aus. In solchen Fällen muss das Unternehmen selbst tätig werden und weitere Nachweise einholen – bis hin zu einer eigenen Risikoanalyse oder ergänzenden Prüfmaßnahmen. Kurz gesagt: Eine gute Lieferantenerklärung kann viel Aufwand ersparen, sie ersetzt aber nicht die eigene Verantwortung, die Angaben sorgfältig zu bewerten.
Unternehmen sollten die Sorgfaltserklärungen ihrer Lieferanten nicht einfach ungeprüft übernehmen. Es ist wichtig, die Dokumente systematisch zu überprüfen: Sind alle nötigen Angaben vollständig? Passen die Informationen logisch zusammen? Wo möglich, sollte man die Angaben mit Hilfe von bekannten Datenquellen oder Satellitenbildern auf Plausibilität prüfen. Wenn etwas unklar ist, sollte man unbedingt Rückfragen an den Lieferanten stellen.
Gerade bei einer Verordnung wie der EUDR, bei der hohe Geldbußen und mögliche Imageschäden drohen, reicht es nicht aus, Dokumente nur abzuheften. Eine formelle Prüfung der Inhalte ist unbedingt nötig. Besonders wichtig ist, dass die Erklärung tatsächlich auf eine konkrete Charge bezogen ist – und nicht als pauschale Erklärung für das ganze Sortiment dient. Solche pauschalen Bescheinigungen erfüllen in der Regel nicht die Anforderungen der EUDR. Laut aktuellen Zahlen des European Forest Institute sind über 30 Prozent der Lieferantenerklärungen auf dem Markt nicht vollständig gesetzeskonform. Wer solche Erklärungen ungeprüft übernimmt, riskiert bei einer Kontrolle rechtliche und finanzielle Konsequenzen.
Eine ergänzende Prüfung sollte immer dann erfolgen, wenn die Dokumentationslage unklar ist, Widersprüche oder untypische Angaben auftauchen oder wenn der Lieferant aus einer Hochrisikoregion stammt. Auch bei dem Verdacht auf gefälschte Zertifikate, fehlende Rückverfolgbarkeit oder Vorkommen von Mischprodukten mit unbekanntem Ursprung ist besondere Vorsicht geboten.
Unternehmen sollten prüfen, ob der Lieferant über anerkannte Zertifizierungssysteme, wie etwa FSC oder PEFC verfügt und ob unabhängige Dritte die Lieferkette auditiert haben. Zudem empfiehlt sich eine spezifische Risikoabschätzung entlang der gesamten Wertschöpfung, etwa mittels IT-basierter Tracking-Systeme wie Blockchain oder durch eigens entwickelte Prüfalgorithmen. In der Praxis setzen Vorreiterunternehmen häufig auf eine Kombination aus Dokumentenprüfung, risikobasierter Stichprobenkontrolle und systemischer Lieferantenbewertung, um ihre eigenen EUDR Pflichten zu erfüllen.
Für Händler ist die Pflicht zur umfassenden Prüfung etwas abgeschwächt, verglichen mit Erstinverkehrbringern. In ihrem Fall genügt es in der Regel, einen einfachen Nachweis über das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Sorgfaltserklärung ihrer Lieferanten und die Rückverfolgbarkeit der Ware aufrechtzuerhalten. Dennoch obliegt auch Händlern eine Mitwirkungspflicht: Sollten sie Hinweise auf Verstöße gegen die EUDR Sorgfaltspflichten erhalten oder Anhaltspunkte für unsichere Dokumentationen vorliegen, sind sie gehalten, tätig zu werden.
Aus haftungsrechtlicher Sicht empfiehlt es sich jedoch auch für Händler, nicht blind auf die Dokumente ihrer Vorlieferanten zu vertrauen, sondern mindestens stichprobenhafte Überprüfungen durchzuführen und Risikoindikatoren im Blick zu behalten.
Die regulatorischen Anforderungen der EUDR bringen neue, umfassende Sorgfaltspflichten für Unternehmen in der EU. Anders als frühere Regelungen betrifft sie nicht nur Importeure oder Hersteller, sondern die gesamte Lieferkette – vom Rohstoff bis zum fertigen Produkt. Auch Händler und nachgelagerte Marktteilnehmer müssen bestimmte Dokumentations- und Nachweispflichten erfüllen.
Das Prinzip der gemeinsamen Verantwortung entlang der Lieferkette bietet Chancen – etwa durch die Entlastung über geprüfte Lieferanten – birgt aber auch Risiken. Wer sich blind auf Lieferantenerklärungen verlässt, riskiert Bußgelder, Imageschäden und Haftung. Entscheidend ist eine gute Balance aus Vertrauen, Kontrolle und Transparenz.
Unternehmen sollten daher zuerst ihren Status unter der EUDR (Marktteilnehmer oder Händler) klären. Auf dieser Basis lassen sich dann Lieferantenbewertung, Risikoanalyse und Dokumentation gezielt aufbauen. Digitale Tools wie Geo-Tracking, Blockchain oder Zertifikatsdatenbanken helfen dabei, Nachweise effizient zu verwalten. Zusätzlich erhöhen Schulungen für Fachabteilungen das Bewusstsein für Pflichten und Risiken – und stärken die Compliance im Alltag.
Als Marktteilnehmer gilt jede natürliche oder juristische Person, die relevante Rohstoffe oder daraus hergestellte relevante Produkte erstmals auf dem EU-Markt einführt oder aus der EU exportiert. Das betrifft sowohl Importeure aus Drittstaaten als auch EU-Unternehmen, die Ware innerhalb der EU erstmalig vertreiben. Händler hingegen sind Akteure, die bereits in Verkehr gebrachte Waren innerhalb der EU weiterverkaufen, lagern oder transportieren, ohne selbst der Erstinverkehrbringer zu sein. Für sie gelten geringere Pflichten, insbesondere keine Risikoanalysepflicht.
Ja – grundsätzlich ist für jede Charge eine eigene Sorgfaltserklärung erforderlich, bevor die Ware in der EU vermarktet oder exportiert wird. Dieses Prinzip sorgt für Rückverfolgbarkeit und Rechtskonformität. Ausnahme: Wenn eine Ware bereits von einem Marktteilnehmer korrekt gemeldet wurde und die Charge unverändert bleibt, müssen nachfolgende Marktteilnehmer keine neue Erklärung abgeben. Wird die Ware jedoch vermischt, verarbeitet oder neu zusammengesetzt, entfällt diese Entlastung.
Eine eigene Risikoanalyse ist Pflicht, wenn das Unternehmen als Marktteilnehmer auftritt und die Ware erstmals in Verkehr bringt. In anderen Fällen – z. B. als Händler oder nachgelagerter Marktteilnehmer – kann die Sorgfaltserklärung des Vorlieferanten ausreichen, wenn diese vollständig, plausibel und bezogen auf die konkrete Charge ist. Wichtig: Bei Unklarheiten, widersprüchlichen Angaben oder Hochrisiko-Ländern empfiehlt sich eine ergänzende eigene Prüfung.
Die Erklärung muss bestimmte Mindestinhalte enthalten:
Nur wenn diese Punkte erfüllt und belegbar sind, erfüllt die Erklärung die Anforderungen der EUDR.
Händler müssen zwar keine eigene Risikoanalyse durchführen, sind aber zur Mitwirkung verpflichtet. Sie müssen Sorgfaltserklärungen und relevante Nachweise ihrer Lieferanten aufbewahren, bei Bedarf vorlegen und an Kunden weitergeben können. Außerdem sind sie verpflichtet, die Herkunft und den Verbleib der Waren nachvollziehbar zu dokumentieren. Bestehen Zweifel an der Richtigkeit der Angaben oder Hinweise auf Verstöße, müssen Händler tätig werden. Wer diese Pflichten ignoriert, kann im Ernstfall mithaftbar gemacht werden.
Unternehmen sollten die Lieferantenerklärungen systematisch prüfen: Sind alle Angaben vollständig und nachvollziehbar? Stimmen die Geodaten mit der angegebenen Ursprungsregion überein? Gibt es bekannte Risiken in der Herkunftsregion? Ergänzend können öffentlich zugängliche Datenbanken, Satellitenbilder oder Zertifikate herangezogen werden. Auch Rückfragen an den Lieferanten und Stichprobenkontrollen gehören zur guten Praxis.
Eine neue Erklärung ist erforderlich, wenn sich eine oder mehrere der folgenden Informationen ändern. Hierzu zählen etwa die Herkunft der Ware, Lieferant oder Produzent, Transportweg oder -mittel sowie erheblich geänderte Umstände in der Lieferkette, die die Bewertung der Entwaldungsfreiheit oder Legalität beeinflussen.